Grossartiger Zweigelt

Noch vor zehn Jahren hätte man bei einer Konsumentenbefragung, was «Zweigelt» sei, vermutlich nur Kopfschütteln geerntet. Das hat sich in kurzer Zeit völlig geändert: Heute weiss der interessierte Weintrinker, was ihn bei einem Wein der Traubensorte Zweigelt erwartet. Werfen wir einen Blick auf diese faszinierende Traubensorte, die sich nach so kurzer Zeit einer derart grossen Beliebtheit erfreut. Weine aus der roten Rebsorte Zweigelt sind bekannt für ihre verführerische, dunkle Kirschenfrucht, ihren geschmeidigen Charakter und ihren einnehmenden Charme.

Bedauerlich ist, dass der «Erfinder» dieser Rebsorte, der österreichische Botaniker und Rebenzüchter Friedrich Zweigelt, alles andere als ein angenehmer Zeitgenosse war. Als Nazi lieferte er während seiner Zeit als Direktor der Weinbauschule Klosterneuburg sogar einige Leute der Gestapo aus. 1922 hatte er den Zweigelt aus einer Kreuzung der beiden Rotweinsorten Blaufränkisch und St. Laurent gezüchtet. Naiverweise glaubte man, dass so die burgundische Geschmeidigkeit des St. Laurent mit der Robustheit des Blaufränkisch verbunden werden könnte. Dies gelang tatsächlich – allerdings aus purem Zufall. Geradeso gut hätte auch eine Rebe mit ganz anderem Charakter entstehen können.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erinnerte man sich des Zweigelts, der ursprünglich Rotburger hiess und von Natur aus ertragreich ist. Man pflanzte ihn, um grosse Mengen zu produzieren, und entsprechend bescheiden war sein Image. Erst später entdeckte man, dass bei einer Beschränkung der Erträge auf rund 6000 Kilo pro Hektar erstaunlich schöne, verführerische Rotweine entstehen, die früher trinkbereit und meistens auch charmanter sind als der in Österreich ursprünglich stark verbreitete Blaufränkisch.

So ist der Zweigelt heute die meistangebaute Rotweinsorte Österreichs. Die frühe Reife und der relativ unkomplizierte Anbau bewirkten das Ihre, sodass die Sorte immer beliebter wurde. Berühmt für Zweigelt ist die Anbauregion Carnuntum zwischen Wien und dem Neusiedlersee. Er liebt relativ schwere, lehmhaltige Böden und ein warmes, nicht zu feuchtes Klima. Auch am Neusiedlersee gelingt er hervorragend, allerdings führt die höhere Feuchtigkeit direkt am See schneller und öfter zu Fäulnis. Es brauchte zudem eine gewisse Zeit, das Keltern zu perfektionieren. So war zu Beginn das Hauptproblem, dass die meisten Winzer über zu wenig Gärbehälter verfügten und deshalb nur eine sehr kurze Maischegärung möglich war. Dadurch wurden die Weine marmeladig, dicklich und fast süss. Heute besitzen die qualitätsbewussten Winzer mehr Gärtanks, was eine längere Maischegärung erlaubt. So bewahren die Weine ihre Frucht, sind aber besser strukturiert und weniger plump. Einen feinfruchtigen Zweigelt brachte die renommierte Winzerin Birgit Braunstein aus Purbach hervor. Ihr Zweigelt ist leichter als jene aus Carnuntum oder Gols, dafür besticht er mit einer frischen, eleganten Frucht.