Auf ein Glas Wein mit... Fritz Keller

Philipp Schwander im Interview mit Fritz Keller

Fritz Keller, 63. Nach der Ausbildung zum Winzer und Weinküfermeister übernahm er 1990 die Führung des Familienunternehmens. Es folgten der Auf- und Ausbau des Weingutes, der Gastronomiebetriebe und des Weinimportgeschäfts. 2013 wurde die neue, inzwischen mehrfach ausgezeichnete Kellerei in Betrieb genommen. Für seine Arbeit erhielt Fritz verschiedenste Ehrun- gen: U.a. 2019 zusammen mit seinem Sohn Friedrich zum ‹Winzer des Jahres› und 2011 zum ‹Restaurateur des Jahres› (beides in Gault & Millau), 2016 wurde ihm die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen. Von 2010 bis 2019 präsi- dierte er den Fussballbundesligisten SC Freiburg, seit September 2019 ist er Präsident des Deutschen Fussball-Bundes (DFB).

Lieber Fritz, dein Vater Franz Keller war Winzer und Gastronom. Was hat dich von ihm am meisten geprägt?

Seine Weitsichtigkeit, das nachhaltige Denken und die Liebe zur Natur und deren Erhaltung. Die Einsicht, dass man nur aus einer gepflegten und erstklassigen Lage grossartige Weine gewinnen kann. Der Glaube an die Individualität und die eigenen Ideen und damit die Abkehr vom Mainstream. Und seine Leidenschaft für die Grande Cuisine und die grossen französischen Weine des Bordelais, aber vor allem für jene des Burgund.

Dein Vater galt ja als Charakterkopf. Wie verlief die Betriebsübergabe?

Offen gesagt, gab es leider keine, da es ihm zum gegebenen Zeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr  möglich  war. Ich hatte dann die Chance, aus einer Kellerei ein Weingut zu machen, indem ich überhaupt erst einmal eigene Lagen kaufen durfte, die wir noch bis heute selbst bewirtschaften.

Welches waren die wichtigsten Änderungen nach der Übernahme des Betriebs?

Die Weinberge selbst zu bearbeiten und die besten Lagen der Region Stück für Stück zu erwerben, war entscheidend. Und das Konzept des Weinguts anzupassen, um besser auf die Klimaerwärmung reagieren zu können und eine traditionelle, schonende Verarbeitung zu ermöglichen.

Ist es schwierig, gute Lagen am Kaiserstuhl dazukaufen zu können?

Vor einigen Jahrzehnten war es fast unmöglich. In den letzten Jahren konnten wir vor allem schwierig zu bewirtschaftende Lagen erwerben (Steillagen, Kleinterrassen). Da diese viel Handarbeit und damit einen hohen Arbeitsaufwand erfordern, wollen viele diese Lagen nicht mehr pflegen. Dabei entstehen gerade in diesen Parzellen mit ihren typischen Kaiserstühler Vulkanböden die besten und langlebigsten Weine.

Wie verläuft die Übergabe an deinen Sohn Friedrich?

Fliessend. Da wir das gleiche Weininteresse haben und den gleichen Geschmack teilen und er ebenfalls eine starke Affinität zur grossen Küche hat, geht die Übergabe relativ mühelos und harmonisch. Das will jedoch nicht heissen, dass alles frei von Diskussionen abläuft, im Gegenteil: Friedrich bringt viele neue Impulse ins Unternehmen, auch sehr viele mutige Ideen. Aber im Prinzip sprechen wir dieselbe, vom Burgund inspirierte Weinsprache. Kreativität und Visionen brauchen immer Raum und deshalb fiel es mir letztlich leicht, den operativen Bereich in seine Hände zu legen.

Welchen Stellenwert nehmen bei euch die Gastronomie und der Weinhandel ein?

Der Weinhandel sowie der Schwarze Adler wurden von meinem Grossvater schon 1892 gegründet. Franz Anton hat in der fran- zösischen Gastronomie in Reims, Paris und Nizza und später im Claridge’s Hotel in London seine Passion für grosse Weine und Kulinarik entwickelt. Diese Tradition führt zu Demut – erstklassige Mitbewerber-Weine muss man lieben und kennen, um in der eigenen Produktion besser zu werden.

Welche Weine neben jenen aus dem Kaiserstuhl gefallen dir besonders?

Burgunder, Bordeaux, viele Gewächse aus autochthonen Rebsorten verschiedener europäischer Länder, die ungekünstelt und handwerklich erzeugt sind.

Trinkst du oft teure Weine?

Der Preis ist nicht ausschlaggebend. Wenn der Wein erstklassig ist, gebe ich gerne Geld dafür aus. Sehr oft sind gehypte Weine zu dicht und zu dick.

Wie ist deine Begeisterung für Fussball entstanden?

Mein Vater war ein begeisterter Fussballer und mein Patenonkel Fritz Walter, der Kapitän der  deutschen  Nationalmannschaft, die 1954 im berühmten Wankdorf Stadion in Bern Weltmeister wurde. Sozusagen war Fussball auch ein Geburtsfehler.

Der Fussball allgemein, aber auch das Amt des Präsidenten des DFB wurde in den letzten Jahren bekanntlich von ziemlich heftigen Turbulenzen heimgesucht. Wie schwer ist dir die Entscheidung gefallen, den Wein zugunsten des Fussballs zurückzustellen?

Es ist ja nicht so, dass ich dem Wein abgeschworen habe und  jetzt asketisch lebe. Natürlich fiel es mir schon schwer, aber der Fussball hat mir viel beigebracht über  den  richtigen  Umgang mit anderen Menschen und mich zum Beispiel Offenheit und Teamwork gelehrt. Ich bilde mir ein, nun etwas zurückgeben zu können. Fussball verbindet noch mehr als Wein ganz unterschiedliche Menschen miteinander und ich glaube, dass in unserer heutigen Gesellschaft genau das entscheidend ist: ein gutes Miteinander zu fördern!

Was sind deine Ziele, die du mit dem DFB erreichen möchtest? Korruption ist ja im Fussball leider ein weitverbreitetes Phänomen.

In der Vergangenheit ist sicher nicht alles glatt gelaufen, für manchen Vorgang muss man sich fremdschämen. Deshalb sollte es unser aller Ziel sein, den Fussball nachhaltiger aufzustellen und ihn so auch für zukünftige Generationen attraktiv zu halten. Das völker- und menschenverbindende Element müssen wir stärken, denn hierin besitzt der Fussball eine einzigartige Kraft.