Kellergeflüster - über das Weingut Zahner von Philipp Schwander

Von Kuba ins Zürcher Weinland 

Älteren Weinbauern in weiten Teilen Europas sind die Verheerungen des Jahres 1956 noch in furchtbarer Erinnerung. Im Februar sanken die Temperaturen längere Zeit auf mehr als minus 20 Grad; den meisten Rebstöcken machte die Kälte den Garaus. Im Mai 1957 wurde die Ostschweiz von einem weiteren Frost heimgesucht. Viele Winzer sahen sich zum Ausstieg aus der Weinproduktion gezwungen. Die Traubenpreise waren ohnehin tief, und der Schweizer begann nach langen Kriegsjahren die ausländischen Weine wiederzuentdecken. An den Ostschweizer Wein schien niemand mehr zu glauben.

Anfang der sechziger Jahre waren Waldemar Zahner und seine Frau Suzanne gerade mit dem Umzug von Kuba nach Argentinien beschäftigt. Die Revolution auf Kuba verunmöglichte eine Weiterführung der Nestlé Niederlassung, bei der Zahner tätig war. In Argentinien sollte er sich um die Herstellung der Firmenprodukte von Milchpulver über Nescafé bis Kartoffelpüree kümmern. Dem Lebensmitteltechnologen gefiel es bei Nestlé. Er sehnte sich allerdings nach der Schweiz zurück, und da er auch ausgebildeter ETH-Agronom war, interessierte er sich für Rebland. Kopfschüttelnd nahmen die Eltern Kenntnis von seiner Absicht, eine aussichtsreiche Karriere gegen den brotlosen Beruf des Winzers einzutauschen. Auf dem Korrespondenzweg kaufte Zahner zusammen mit seiner Frau vier Hektaren Rebland in Truttikon, das in der Nähe des ehemals zürcherischen, heute schaffhausischen Stein am Rhein liegt. Der offerierte Quadratmeterpreis von drei Franken lag deutlich über dem Marktpreis und ermöglichte ihm den Erwerb von sechzehn kleineren, aneinanderliegenden Parzellen. 1963 wurde der erste Wein gekeltert. Dank seiner breiten Ausbildung hatte Zahner schnell auch das Winzerhandwerk erlernt, und die internationale Erfahrung half ihm bei der Vermarktung seiner Weine.

Nach und nach konnte der Betrieb vergrössert werden. Heute umfasst er sieben Hektaren Reben und zwei Hektaren Nussbäume. Eine Schafherde liefert den organischen Dünger zur Pflege des Bodens. Der jüngste Sohn Niklaus, der wie sein Vater Landwirtschaft an der ETH studierte, trat 1989 in den elterlichen Betrieb ein und ist seit 1995 Betriebsinhaber.

Wer sich mit ihm unterhält, ist verblüfft über das breite Wissen des Ostschweizer Winzers. So führte ihn seine Ausbildung nicht nur ins nahe Piemont, sondern auch nach Kalifornien und Australien. Der Gedankenaustausch mit Kollegen in Übersee ist für Niklaus Zahner beinahe schon alltäglich, die Teilnahme an der internationalen «Pinot noir Celebration» in Oregon eine Selbstverständlichkeit.

Niklaus Zahners Wissensdurst und sein Drang nach Perfektion haben dafür gesorgt, dass die handwerklich soliden Weine in den letzten Jahren nochmals deutlich besser geworden sind. Dies gilt vor allem für die Barrique-Blauburgunder, die von beeindruckender Qualität sind. Daneben pflegt Zahner junior bewusst den traditionellen Landwein, der auf eine treue Kundschaft zählen kann. Der Riesling×Sylvaner, eine Sorte, die alles andere als im Trend liegt, demonstriert aufs schönste, was für ein erfrischender, köstlicher Sommerwein daraus gewonnen werden kann. Nur Niklaus Zahner selber ist mit dem Erreichten noch nicht restlos zufrieden. Diese Offenheit für Kritik und der Wille zur steten Verbesserung bilden gleichsam die Grundlage seines Erfolgs.

Philipp Schwander

 

Die Weine von Niklaus Zahner

Auf dem Weingut Zahner wird eine breite Palette verschiedenster Weine erzeugt. Ein Klassiker ist der weisse, trocken vergorene Riesling×Sylvaner. Der rote Trülliker und der rote Langenmooser sind typische Repräsentanten des kernigen Landweins, wohingegen der Truttiker Pinot noir Barrique ungewöhnlich wuchtig und lagerfähig ist. Spezialitäten sind der Gewürztraminer mit Restsüsse sowie der im Barrique ausgebaute Weissburgunder, der auf eine Zusammenarbeit mit André Jaeger von der Fischerzunft zurückgeht. Weitere Informationen:

Rebgut Familie Zahner, 8467 Truttikon, Tel. (052) 317 19 49, Fax (052) 317 20 95. 

Zahner-Portrait-NZZ-1999