Château du Seuil (rot) 2016

Ich bin schon immer ein grosser Freund der Bordeaux-Weine gewesen und degustiere die Gewächse der berühmten Crus Classés bereits seit Beginn meiner Weinleidenschaft. Ab 1981 habe ich das Bordelais jedes Jahr besucht und seit 1986 verkoste ich den jeweils aktuellen Jahrgang der grossen Châteaux vom Fass. Leider haben die neuen Absatzmärkte in Fernost und Russland das Preisniveau seit dem Millenniumswechsel in teils absurde Höhen getrieben. Das ist auch der Grund, weshalb wir bewusst keine Bordeaux Primeurs anbieten. Hinzu kommt, dass sich in den vergangenen Jahren ein Subskriptionskauf in den seltensten Fällen gelohnt hat. Es ist jedoch mein Ehrgeiz, als Alternative zu den renommierten Châteaux bezahlbare Bordeaux für unsere Kunden aufzustöbern.Einer der besten Bordeaux in seiner Kategorie ist die Spezialfüllung ‹Poncet Deville› von Château de Saint-Robert aus dem Graves, die unter der Leitung von Michel Garat gekeltert worden ist. Beim diesjährigen Besuch erzählt er mir hinter vorgehaltener Hand, es gäbe da in der Nähe ein kleines Bijoux, das er mir unbedingt zeigen wolle: das gerade mal 15 Hektar Rebfläche umfassende Weingut Château du Seuil. So machen wir uns gemeinsam mit Michel Garat auf zu diesem Weingut, dessen Erzeugnisse in Frankreich nur selten anzutreffen sind, da neunzig Prozent exportiert werden. Im gepflegten Schlosspark empfängt uns die energiegeladene ehemalige Ärztin Nicola Allison, die sich seit vielen Jahren ausschliesslich dem Weinbau widmet. «Das Thema Gesundheit ist mir aber nach wie vor sehr wichtig», erklärt sie. «Deshalb habe ich 2004 angefangen, die gesamte Produktion auf biologische Landwirtschaft umzustellen und seit einigen Jahren ist mein Betrieb auch offiziell biozertifiziert.»Beim Rundgang durch die Weingärten und die Kellerei bemerken wir sogleich, dass hier in allen Bereichen überaus sorgfältig gearbeitet wird. Nicola erläutert lachend: «Das mag daran liegen, dass – abgesehen von einem jungen Praktikanten – die gesamte Equipe ausschliesslich aus Frauen besteht.» Im gemütlichen Esszimmer des Schlosses verkosten wir gemeinsam ihr ganzes Sortiment und sind sofort überzeugt von der Qualität dieser Weine. Am meisten begeistert uns der Château du Seuil aus dem hervorragenden Jahrgang 2016. Es ist ein nobler, eleganter, noch junger Rotwein mit erstaunlichem Tiefgang und Noblesse. Nach einigem Hin und Her gelingt es uns, Nicola von einer Preisreduktion zu überzeugen, damit wir diesen köstlichen Bordeaux für unter zwanzig Franken offerieren können. zum PDF