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Kunstkarten
Rembrandt van Rijn «Die Landschaft mit den drei Bäumen» 1643
Radierung, Kaltnadel und Grabstichel, Nowell-Usticke 212 I (von II), New Hollstein 214 Wz. Bekröntes Strassburger Lilienwappen mit angehängten Initialen PR ehemals Sammlung Mary Jane Morgan, New York (Lugt 1879), Platte nicht erhalten
Gewissermassen als Titan der Druckgraphik gilt Rembrandt (1606 – 1669), dessen Arbeiten sich seit ihrer Entstehung über die Jahrhunderte hinweg stets höchster Wertschätzung und Nachfrage bei Sammlern erfreuten. Er gilt zusammen mit Dürer, vielleicht noch mit Goya, als der Olymp in dieser Kunstrichtung, und wie sein deutscher Mitstreiter war auch er ein ebenso grossartiger Maler. Rembrandt wurde denn auch zunächst in diesem Handwerk ausgebildet; seine ersten Radierversuche soll er erst 1626 gemacht haben, ursprünglich wohl mit der Absicht, seine Arbeiten mittels Druckgraphik zu vervielfältigen, wie dies bei vielen Künstlern damals üblich war (z.B. Rubens, der dafür eigens eine Werkstatt unterhielt). Mittels der Druckgraphik konnten Werke, die damals naturgemäss nur wenige zu Gesicht bekamen, auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden – anderen Künstlern oder dem aufstrebenden Bürgertum. Ein Beispiel für eine der seltenen blossen Reproduktionsgraphiken Rembrandts ist «Christus vor Pilatus» (New Hollstein 155), die er in Zusammenarbeit mit Jan van Vliet erstellte. Nicht zuletzt hatte die Vervielfältigung den Vorteil, dass der Bekanntheitsgrad eines Künstlers enorm gesteigert wurde. Wie wichtig die Druckgraphik damals für die Reputation war, zeigt der Kupferstecher Hendrick Goltzius, der heute nur noch wenigen ein Begriff ist: Er war zu seiner Zeit der wahrscheinlich bekannteste Künstler, da seine Druckgraphiken europaweit vertrieben wurden.
Rembrandt entwickelte bald schon eine Faszination für die Druckgraphik, die ihn aufgrund der andersartigen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten nie wieder losliess und die er – völlig unabhängig von seinem malerischen Werk – mit grosser Leidenschaft betrieb. Es ging ihm hierbei darum, eigenständige, von seiner Malerei losgelöste Werke zu erschaffen. Die Radierungen gehörten nicht zum regulären Werkstattbetrieb; so fertigte er diese ohne Unterstützung von Mitarbeitern an, experimentierte mit verschiedenen Techniken und druckte seine Arbeiten selbst, teils auf spezielle asiatische Papiere. Da das Kupferstechen eine langjährige Ausbildung voraussetzte, konzentrierte er sich auf die von Hopfer entwickelte Radierung, die schneller erlernbar war und eine freie, dem Zeichnen ähnliche Umsetzung ermöglichte. Über die Jahre erarbeitete er sich eine grosse Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten; nur wenige Graphiker wussten die verschiedenen Techniken so genial einzusetzen wie Rembrandt. Sein 1634 herausgebrachter Druck «Die Verkündigung an die Hirten» demonstrierte seine Meisterschaft im Chiaroscuro mit einem äusserst breiten, tonalen Spektrum von grösster Helligkeit bis hin zu tiefster Schwärze. Oder dann, als Höhepunkt, seine überwiegend in Kaltnadel ausgeführte, monumentale Arbeit «Die drei Kreuze».
Portraits (wie beispielsweise Lieven van Coppenol) schuf Rembrandt meist als Auftragsarbeiten, während die Landschaftsdarstellungen durch seine eigene Initiative entstanden. Von insgesamt etwa 300 Radierungen hatten nur 26 sie zum Thema, wobei «Die Landschaft mit den drei Bäumen» einhellig als Rembrandts schönste und grösste Arbeit dieser Bildgattung angesehen wird. Sie besitzt einen völlig eigenständigen, tiefgründigen Ausdruck, den man so weder mit Malerei noch mit Zeichnen erreichen würde. Zur Schaffung dieses Werks zog Rembrandt alle Register seines Könnens und wandte sämtliche verfügbaren Techniken an: Radierung, Gravur, Kaltnadel, Einsatz von Sulfat sowie mehrfache Ätzung. Der berühmte Rembrandt-Spezialist Hinterding meinte dazu: «[…] is one of the most celebrated and memorable landscapes in the history of art.» Und das Basler Kunstmuseum: «Die Landschaft mit den drei Bäumen wurde immer wieder mit einer Fülle von Superlativen bedacht – auch ganz sachlich beschrieben ist sie die grösste, am detailliertesten ausgearbeitete und wegen ihrer malerischen Wirkung wohl auch berühmteste Landschaftsradierung Rembrandts. […] Mit vielen übereinander liegenden Schichten, mehrmals geätzt, vor allem im Himmel extensiv wie nie zuvor mit Kaltnadel und Grabstichel überarbeitet, gestaltete Rembrandt die subtilen Licht- und Schattennuancen. […]»
Ein dunkler, gratiger, herrlich schwarzer und kontrastreicher Druck mit Plattenton und den für diesen frühen Zustand charakteristischen Sulfatspuren; vor dem kurzen, horizontalen Kratzer über dem ersten Turm, welcher die etwas späteren Drucke kennzeichnet. Dieses Exemplar wird von Lugt eigens erwähnt, erzielte es doch den höchsten Preis der gesamten Versteigerung der Amercian Art Association im März 1886 in New York, die eine der ersten ihrer Art in den Vereinigten Staaten war.