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Kunstkarten
Francisco de Goya «Tauromaquia» (Blatt 14) 1816
El Diestrísimo Estudiante de Falces, Delteil 237, Harris 217 III, Wz. ‹Serra› Radierung, Aquatinta, Kaltnadel und Grabstichel, 1. Ausgabe (von 7)
Goya (1746 – 1828) war nicht nur einer der berühmtesten spanischen Maler, er zählt auch mit seinem druckgraphischen Schaffen zu den wichtigsten Exponenten dieses Genres überhaupt. Er benutzte die Druckgraphik nicht, um seine Gemälde bekannter zu machen, sondern er schätzte sie deshalb über alles, weil sie ihm erlaubte, frei von Vorgaben der Kunden seinen schöpferischen Ausdruck zu leben. Üblicherweise übten die Auftraggeber eines Gemäldes beträchtlichen Einfluss auf die Arbeit aus. Der Kunsthistoriker und Goya-Spezialist August L. Mayer schrieb: «Von wenigen Künstlern besitzen wir eine derartige Fülle bedeutendster graphischer Schöpfungen. … Wie als Maler, so gewann Goya auch als Radierer erst nach seiner schweren Krankheit im Jahre 1792 die volle künstlerische Freiheit.» Und Ernst Rebel: «... Goya hat die Aquatinta zum Gipfel ihrer Möglichkeiten geführt. … Während bisher der Kornraster möglichst unsichtbar gehalten wurde, tat Goya nun mit ihm gerade das Gegenteil. Er kehrte die amorphe Rasterstruktur hervor…»
Nur zwei von Goyas insgesamt vier Druckserien – «Los Caprichos», «Los Desastres de la Guerra», «Tauromaquia» und «Disparates» – wurden zu seinen Lebzeiten veröffentlicht: Die «Caprichos» sowie die «Tauromaquia», die er als 70jähriger zwischen 1814 und 1815 geschaffen hat und die ursprünglich 33 Blatt umfasste. Sie wurde dann in der 3. Ausgabe im Jahr 1876 auf 40 Blatt erweitert: Auf 7 der 33 Platten hatte der damalige Pariser Eigentümer und Verleger Eugène Loizelet rückseitig weitere «Tauromaquia»-Sujets gefunden, die er mit A bis G bezeichnete. Goya hatte diese seinerzeit verworfen und integrierte sie nicht in die offizielle Version. Von 5 weiteren Platten existieren lediglich Probeabzüge (vgl. Matilla und Reuter 2025, S. 464 – 468), das heisst, die komplette «Tauromaquia» bringt es theoretisch auf 45 Motive, von denen jedoch lediglich ein Teil veröffentlicht wurden.
Zu Goyas Zeiten erfreuten sich die Stierkämpfe ausserordentlicher Beliebtheit, und er selbst war ein leidenschaftlicher Anhänger dieses ‹Espectáculo Nacional›. Noch gegen Ende seines Lebens schuf er mit der Lithographie-Serie der Stiere von Bordeaux weitere Werke zu diesem Thema. Goya beabsichtigte mit der «Tauromaquia» eine Art Geschichte des Stierkampfs zu vermitteln sowie besonders wichtige Protagonisten und dramatische Situationen wiederzugeben. José Manuel Matilla erklärt hierzu: «Wie bereits in den Caprichos, in denen Goya Ideen aus der Literatur einführte, stützte er sich für diese Serie auf drei literarische Quellen.» Es sind dies Nicolás Fernández de Moratín, José Delgado Guerra (Pepe-Hillo) und José Vargas Ponce. Zuerst radierte Goya die Konturen und in einem nächsten Schritt fügte er die Aquatinta hinzu. Bemerkenswert sind die Licht- und Schattenwirkung und die oft ungewohnten Perspektiven und Bildkompositionen. Mit 24.5 cm x 35.5 cm sind die Drucke beinahe doppelt so gross wie jene der «Caprichos» und «Desastres» und verströmen eine monumentale Schlichtheit. Blatt 14 zeigt den legendären Matador Bernardo Alcalde, auch Estudiante de Falces genannt, bei einer seiner todesmutigen, elegant ausgeführten Heldentaten vor einem im Hintergrund schemenhaft angedeuteten Publikum. Aussergewöhlich ist die Bildaufteilung mit grossen Bereichen leeren Raums, die dem Sujet zusammen mit den diagonal angelegten Schatten des Matadors und des Stiers eine beinahe abstrakte Qualität verleihen.
Insgesamt wurden bis 1937 sieben Auflagen der «Tauromaquia» herausgebracht. Die erste Ausgabe wurde sehr sorgfältig (wahrscheinlich von Rafael Esteve) gedruckt und erschien am 28. Oktober 1816 in einer Auflage von maximal 100 Exemplaren. Ihr Verkauf verlief zu Beginn sehr schleppend, erst nachdem Goyas Sohn 1854 verstorben war und die von ihm aufbewahrte Serie an die Öffentlichkeit kam, erfreute sie sich wachsenden Interesses. Der berühmte Goya-Spezialist Tomás Harrys meinte zur Druckqualität der verschiedenen Auflagen: «Because of the deterioration of some of the plates, the technical subtleties and great delicacy of the series as a whole can only be appreciated in the first edition, but of the later editions the fourth is the best.»