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Kunstkarten
George Wesley Bellows «Dempsey and Firpo» 1923
Lithographie, Mason 181 (Auflage 103 Exemplare)
Allen wohlbekannt ist Edward Hopper, einer der renommiertesten US-amerikanischen Maler des 20. Jahrhunderts. Dass George Bellows (1882 – 1925), sein lediglich um drei Wochen jüngerer Mitstudent an der New York School of Art, zu Beginn wesentlich prominenter und weitaus erfolgreicher war, wissen in Europa indes nur wenige. Mehr noch: Bellows förderte seinen Freund Hopper, dem der künstlerische Durchbruch erst ab etwa 1930 gelang, stets nach Kräften. Als Bellows 1925 im Alter von 43 Jahren an den Folgen einer Bauchfellentzündung verstarb, galt er als der berühmteste zeitgenössische amerikanische Maler; seine Werke wurden vom Metropolitan Museum of Art schon gesammelt, als er erst 30 Jahre alt war.
Bellows, der als einer der wichtigsten Vertreter des amerikanischen Realismus gilt, wuchs als Sohn eines frommen und wohlhabenden Bauunternehmers («honest George») in Ohio auf. Die Hoffnungen des Vaters, dass er das Geschäft übernehmen, und die der Mutter, dass er Geistlicher würde, zerschlugen sich. Schon früh begann er zu zeichnen, was ihm in der Schule Hänseleien seiner Kameraden einbrachte, denn Kunst wurde als «sissy stuff» abgetan. Also begann er mit Leichtathletik und machte alsbald im Baseball eine derart gute Figur, dass er später Angebote als professioneller Spieler erhielt. Bellows entschied sich jedoch für ein Kunststudium an der New York School of Art. Dort traf er auf den charismatischen Dozenten Robert Henri, der den Impressionismus ablehnte und seine Schüler dazu aufforderte, das reale, teils auch schmutzige Leben, insbesondere das der einfachen Menschen, abzubilden. Legendär wurden Bellows Boxer-Bilder. Sein Berühmtestes trägt den Titel «Stag at Sharkey’s» und zeigt eine Kampfszene vor zahlendem Publikum in einem Box-Club, der sich in unmittelbarer Nähe seines Ateliers befand. Er selbst meinte: «I don’t know anything about boxing. I am just painting two men trying to kill each other.» «Stag at Sharkey’s» wurde zu einer Ikone der amerikanischen Malerei; das gleichnamige Pendant, das Bellows 1917 als Lithographie anfertigte, zählt zu den wichtigsten Druckgraphiken der USA des 20. Jahrhunderts. Dass die Nachfrage ungebrochen ist, demonstrierte die Christie’s Auktion vom August 2023, als ein Exemplar der insgesamt 99 Abzüge umfassenden Auflage zum beträchtlichen Preis von rund 140'000 Dollar versteigert wurde. Ähnlich gesucht, wenn auch glücklicherweise preiswerter, ist seine Boxer-Lithographie «Dempsey and Firpo», eine aus dem Jahr 1923 stammende Arbeit, die den damals am 14. September ausgetragenen Kampf zwischen Jack Dempsey und Luis Firpo vor 82'000 Zuschauern schildert. Bellows portraitierte sich ganz links im Bild.
Bellows fing 1915 an, mit der Druckgraphik zu experimentieren, und wandte sich, nachdem er die Radierung ausprobiert hatte, ab 1916 begeistert der Lithographie zu. «I chose to lithograph instead of to etch as I like it better.» 1916 kaufte er sich eine Presse, trotz der Warnungen seiner Freunde, die Lithographie sei zu wenig gefragt und würde mehr mit Werbung als mit Kunst assoziiert: «Nobody wants Lithographs these days». Bellows störte dies wenig. Er konterte lediglich: «Then they will!» Insgesamt brachte er 197 Lithographien hervor, 64 davon alleine 1923/24. Sie alle reflektieren auf beeindruckende Weise die vitale, energiegeladene Persönlichkeit Bellows.
Die frühen Lithographien von 1916 brachte Bellows recht hastig zu Papier, zudem kämpfte er ungeduldig mit der Technik. Rasch wurde ihm bewusst, dass das Hinzuziehen eines professionellen Druckers notwendig war. Die ersten beiden Lithographien erstellte er noch mit der Transfer-Methode (Mason Nr. 2 und 3), bei der die Zeichnung auf ein spezielles Papier aufgebracht und danach auf den Stein übertragen wird; sie ist qualitativ umstritten. Auch Stow Wengenroth wandte sich von ihr ab und zeichnete direkt auf den Stein.
Der legendäre Drucker Bolton Brown, der Bellows Lithographien ab 1920 vervielfältigte, war einer der besten seines Fachs und besass eine grosse Erfahrung. Er sprach sich ebenfalls gegen die Transfer-Methode aus. Zudem entwickelte er eine spezielle Drucktinte sowie einen besonderen Stift, der ein problemloses Zeichnen auf Stein ermöglichte. Aufgrund dessen besitzen diese Drucke einen ganz eigenen, silbernen Schimmer, der ideal mit den Bleistiftzeichnungen von Bellows korrespondiert. Der Künstler drückte mehrfach seine Dankbarkeit gegenüber Brown aus; u.a. liess er ihn die Lithographien am linken unteren Bildrand mitsignieren (Bolton Brown, imp.) und schenkte ihm jeweils einen Abzug seiner Werke. Dazu Bellows: «Lithography in its true sense (drawing on stone) offers opportunities for the artist greatly superior to any direct effort on paper, […] I wish to state also I am indepted to Mr. Brown for a greatly increased knowledge of the art which has come to me through our working together.»
Die grössten Sammlungen von Bellows-Lithographien befinden sich in der Boston Public Library, dem Cleveland Museum of Art, dem Amon Carter Museum sowie der Library of Congress in Washington.