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Kunstkarten
Giovanni Antonio Canal, genannt Canaletto «Portikus mit der Laterne» ca. 1741 (erste Veröffentlichung 1744)
Radierung, Montecuccoli I von III, Bromberg 10 II (von III), Frühdruck ehemals Sammlung Eberhard W. Kornfeld (Lugt 913b)
Venedigs bekanntester Vedutenmaler ist zweifelsohne Antonio Canal (1697 – 1768), der sich – zur Abgrenzung von seinem als Bühnenmaler tätigen Vater Bernardo Canal – Canaletto (der kleine Canal) nannte. Seine beinahe fotografisch präzisen Stadtansichten faszinieren noch heute, und erst kürzlich erzielte im Juli 2025 ein Canaletto-Gemälde bei Christie’s den Rekordpreis von 31,9 Mio. Pfund. Weniger bekannt ist, dass Canaletto auch eine Passion für die Radierung pflegte. So schuf er eine berühmte, 34 Sujets umfassende Serie, die seit ihrer ersten Publikation im Jahr 1744 bei Sammlern sehr gesucht ist.
Canalettos wichtigster Auftraggeber war ab 1730 der britische Kunsthändler und Konsul Joseph Smith, der seine Radierungen und Gemälde einer betuchten englischen Kundschaft als Souvenir ihrer «Grand Tour» verkaufte. Smith, der ein Faible für Druckgraphik besass, hatte bereits 1724 Jean-Michel Liotard mit der Übertragung einiger Gemälde von Sebastiano Ricci in Kupferstiche beauftragt und 1728 dann Antonio Visentini, um 38 Veduten von Canaletto zu stechen. Auch Canalettos Schüler Michele Marieschi war mit der Ausgabe von 21 Venedig-Ansichten sehr erfolgreich. Man vermutet deshalb, dass es Smith war, der Canaletto dazu bewog, gleichfalls eine Druckgraphik-Serie herauszugeben.
Wie Ruth Bromberg in ihrem Werkverzeichnis zu Canalettos Druckgraphik anschaulich schildert, fokussierte sich der Künstler bei der Erstellung der Radierungen offensichtlich nicht auf die übliche Klientel. Wahrscheinlich waren pekuniäre Interessen sogar zweitrangig: Die Arbeit war für ihn eine willkommene Abwechslung zur traditionellen Vedutenmalerei und scheint ihm sehr viel Freude bereitet zu haben. Er wählte einen anderen Ansatz als seine Vorgänger, eher den eines Zeichners, der seine Radierungen virtuos und voller Leichtigkeit im Sinne von Capricci zu Papier bringt und malerisch mit dem Licht spielt. Zudem zeigen seine Druckgraphiken nur vier Venedig-Sujets und keine einzige Ansicht des Canal Grande, sondern überwiegend das venezianische Festland. Bromberg führt des weiteren aus: «[…] he obviousely considered print-making an important activity in his life as an artist. The innumerable additions and alterations made to the plates point to considerable pleasure in this laborious medium and the achievement of mastery did not prevent the spontaneous touch, present in all his compositions. […] His most immediate concern to capture the atmosphere and particular illumination of the places portrayed is the quality which makes Canaletto’s etchings outstanding.»
Eines der gesuchtesten Blätter ist der «Portikus mit der Laterne», der von drei Arkaden geprägt ist und ein imaginäres Architektur-Ensemble darstellt: linksseitig ein Bischofsgrab, rechts davon ein von der Sonne beleuchtetes Haus mit Altan, weiter rechts ein Triumphbogen und am rechten Bildrand ein Tempel. Der zweite Druckzustand profitierte in grossem Masse von Canalettos Verbesserungen: Bemerkenswert ist das Licht, das auf Teile der linken Säule, das Haus sowie den Tempel fällt und im zweiten Zustand des Druckes bewusst verstärkt wurde; ebenfalls veränderte Canaletto die Höhe des Tempeldaches und intensivierte den Schatten rechts unten, wodurch das Haus noch mehr in den Vordergrund rückte. Im Hintergrund sind ein Segel und das Meer unter dem weiten Himmel erkennbar. Die leichten Zerfallsspuren an den Säulen und die defekte Laterne vermitteln zusammen mit den dargestellten Personen eine morbide, aber gleichwohl friedliche Stimmung.
Aufgrund des österreichischen Erbfolgekriegs 1740 – 1748 kamen weniger englische Besucher nach Venedig, weshalb Canaletto ab 1746 für ungefähr zehn Jahre in London lebte, um seine Kundschaft weiterhin bedienen zu können. Während dieser Zeit malte er einige der berühmtesten und schönsten Ansichten dieser Stadt. Sein Neffe und Schüler Bernardo Bellotto war ein ähnlich talentierter Vedutenmaler und betätigte sich vorwiegend in Mitteleuropa, insbesondere in Dresden. Auch er gab sich den Zusatznamen Canaletto. Seine Gemälde sind nicht ganz so heiter und hell, aber von hoher Qualität, und zeigen die Örtlichkeiten oft etwas ungeschminkter. Eine grosse Hilfe waren seine präzisen Warschau-Bilder beim originalgetreuen Wiederaufbau der zerbombten Altstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Druckgraphik Bellottos wirkt deutlich konservativer und weniger einfallsreich als die seine Onkels.